Sanierung dringend notwendig

Kulturzentrum mit Mehrfachnutzung

Heroldsberg wird oft auch als „Vier-Schlösser-Gemeinde“ bezeichnet. Nicht zu unrecht, denn im historischen Oberen Markt des Ortes haben sich vier mittelalterliche Schlösser erhalten, die alle zum Ende des ausgehenden 15. Jahrhunderts von der Nürnberger Patrizierfamilie Geuder erbaut wurden. Zusammen mit dem drittältesten Pfarrhaus Deutschlands und der evangelischen Kirche St. Matthäus mit ihrem Riemenschneider-Kruzifix bilden sie ein einzigartiges historisches Ensemble, das in Bayern seinesgleichen sucht.

Drei der vier Schlösser befinden sich in Privatbesitz. Das Weiße Schloss, erbaut 1487 von Endres Geuder, ist im Eigentum des Marktes Heroldsberg. Rund 80 Jahre, bis 2005, war es Rathaus der Gemeinde.

Seit sieben Jahren steht das Schloss nunmehr leer. Der zunehmende Verfall wird mehr und mehr sichtbar, eine Sanierung ist nicht länger aufschiebbar. Trotzdem wird das Projekt Jahr für Jahr vom Gemeinderat verschoben, obwohl das Gebäude unter Denkmalschutz steht und seine Instandhaltung eine Pflichtaufgabe der Gemeinde mit Verfassungsrang ist.

Laut Sanierungsgutachten kostet die Sanierung und Umgestaltung ca. 2,2 Mio Euro. An Fördermitteln aus verschiedenen Töpfen wurden ca. 800 000 Euro in Aussicht gestellt. Somit verbliebe ein gemeindlicher
Eigenanteil von ca. 1,4 Mio Euro.

Ein Vertreter der Regierung von Mittelfranken, zuständig für die Städtebauförderung, nannte die Sanierung und Umnutzung des Weißen Schlosses als das wichtigste Vorhaben der Gemeinde und sprach von einem „Leuchtturmprojekt“.

Die Kulturfreunde fordern die Verantwortlichen auf, die Sanierung des Schlosses endlich anzugehen. Als neue Nutzung planen sie u.a. die Errichtung eines ortsgeschichtlichen Museums. Ein wissenschaftlich fundiertes Konzept der Kunsthistorikerin Dr. Birgit Rauschert zur inhaltlichen Gestaltung liegt bereits vor. Es sieht im Wesentlichen drei große Themenbereiche vor: Allgemeine Ortsgeschichte, Geschichte der Patrizierfamilie Geuder sowie das Lebenswerk des Heroldsberger Künstlers Fritz Griebel (1899 bis 1976).

Letzterer war Maler, gilt als versierter Meister des Scherenschnitts und wurde zuletzt Direktor der Nürnberger Akademie der Bildenden Künste. Durch die Aktivitäten seines Sohnes Peter Griebel wurde in jüngster Zeit der Nachlass des Künstlers systematisch aufgenommen, dokumentiert und in seiner ganzen technischen und stilistischen Vielfalt wissenschaftlich analysiert. Im Weißen Schloss könnte man Leben und Wirken dieses bedeutenden Künstlers präsentieren.

Neben den Werken Fritz Griebels könnten in der geplanten musealen Einrichtung Exponate aus dem Besitz der Patrizierfamilie von Geuder sowie Erwerbungen der Kulturfreunde die Entwicklung des Marktes Heroldsberg darstellen, die eng mit der Stadtgeschichte Nürnbergs verknüpft ist und deren Ursprünge bis weit ins Mittelalter hineinreichen.

Besondere Bedeutung kommt der Darstellung und Dokumentation der jüngeren Geschichte Heroldsbergs zu: Bau der Gräfenbergbahn, Geschichte der Vereinigten Papierwerke sowie die Ansiedlung von fast 1.700 Heimatvertriebenen hauptsächlich aus dem Sudetenland im Ort nach dem Ende des 2. Weltkriegs.
Die Gründung einer Museumsstiftung zur Finanzierung ist in Vorbereitung. Die Kulturfreunde begrüßen und unterstützen die Weiterentwicklung des Nutzungskonzepts für das Weiße Schloss.

Neben der rein musealen Nutzung können auch verschiedene Organisationen bzw. Privatpersonen die Räumlichkeiten nutzen. Großes Interesse an dieser multifunktionalen Nutzung hat das Musikinstitut Heroldsberg sowie die Volkshochschule Eckental-Heroldsberg. Im Festsaal des Obergeschosses können kleinere Konzerte, Lesungen, Vorträge und Trauungen stattfinden. Dieser mit Sicherheit schönste Saal der Ortschaft kann aber auch für Firmenjubiläen sowie für private Festivitäten vermietet werden. Das Schloss bietet sich auch für Workshops und Malkurse an. In Zusammenarbeit mit den Schulen kann Museumspädagogik angeboten werden.

Die Kulturfreunde haben sich bereit erklärt, die Betriebsträgerschaft zu übernehmen, um die Gemeinde zu entlasten.

(ebg, Januar 2012)